Das Visual Storytelling Erfolgsgeheimnis von Pixar: 22 Storytelling Regeln
Von Michaela Smykalla & Stefan Huber
Findet Nemo, Toy Story, WALL-E - vermutlich kennt jeder von uns mehr als nur einen der erfolgreichen Animationsfilme von Pixar - ob Kinder, oder Erwachsene. Doch wie gelingt es den Geschichtenerzählern immer wieder, uns mit ihren Storys in den Bann zu ziehen? Und wie kannst du das auch für dein Storytelling nutzen?
Genau das hat Emma Coats in ihren berühmten “22 Rules of Storytelling” versucht, zu erklären. Veröffentlicht hat die frühere Pixar Storyboard-Künstlerin diese Tipps zwar schon vor einer ganzen Weile, doch wie die Pixar Filme selbst, sind auch diese wertvollen Storytelling-Insights einfach zeitlose Klassiker und noch heute Gold wert!
Grund genug für uns, diese Tipps hier mit euch zu teilen. Natürlich in deutscher Übersetzung. Zudem haben wir die einzelnen Punkte noch mit ein paar Anregungen, Erklärungen und Beispielen ergänzt, um sie für deine Anwendung im “unternehmerischen Storytelling” so praxisnah wie möglich zu gestalten. Denn diese Regeln gelten nicht nur für Romanautoren!
1. Wir bewundern Figuren für das, was sie erreichen wollen. Nicht für das, was sie bereits erreicht haben.
Für deine Markengeschichte heißt das: Konzentriere dich nicht auf Erfolge aus der Vergangenheit. Erzähle lieber von deinen konkreten Zielen für die Zukunft. Begeistere deine Zielgruppe für deine Visionen.
2. Behalte im Auge, was die Zuschauer spannend finden. Nicht, was dir als Autor Spaß macht.
Sicher hast du schon mal den Satz gehört: “Der Köder muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.” In etwa das, will uns auch dieser zweite Grundsatz sagen. Wenn du dabei an deinen Content denkst, solltest du dir überlegen, welche Inhalte deiner Zielgruppe einen Mehrwert bieten könnten. Nicht, was nur deine Produkte ins beste Licht rückt.
Doch diese Regel lässt sich im Grunde auch auf alle anderen Bereiche übertragen: Behalte immer die Bedürfnisse deiner Zielgruppe im Auge.
3. Wähle ein Thema für deine Storyline und schreibe darüber. Manchmal wirst du erst am Ende sehen, worum es wirklich geht. Passe die Story dann nochmal an.
Vielleicht hast du schon mal diese Erfahrung beim Lesen eines Romans gemacht als erst zum Ende hin die Metaebene, oder die Quintessenz, sichtbar wurde. Die Geschichte selbst war sozusagen nur die Verpackung und du hast sie mit jeder Seite ein bisschen mehr geöffnet. Bis du schließlich am Kern, der tiefer liegenden Botschaft, angekommen bist.
Auch als Autor kann es dir im Prozess des Schreibens passieren, dass du nicht nur über dein anfangs gewähltes Thema sprichst, sondern sich daraus mehr entwickelt hat. Ignoriere diese Entwicklung nicht. Mach dir die Mühe und arbeite genau diese Aspekte in deiner Story nochmal aus.
4. Diese Struktur gibt deiner Story einen Roten Faden: Es war einmal… jeden Tag… doch eines Tages… darum… darum… bis schlussendlich…
In unserem Beitrag “Storytelling: Überzeugen in 90 Sekunden” geben wir eine Anleitung, wie du deine eigene Story erzählen kannst und worauf es dabei ankommt. Du kannst beides kombinieren: Nutze z. B. die hier vorgeschlagenen Steps als Rahmen für die Heldenreise.
5. Vereinfache. Fokussiere. Kombiniere Figuren. Streiche unnötige Längen. Es ist nicht leicht und manchmal sogar schmerzhaft. Aber du wirst sehen, es ist befreiend.
Oder anders gesagt: So lang wie nötig, so kurz wie möglich. Vermeide also ausschweifende Exkurse, die deine eigentliche Story nicht voranbringen. Konzentriere dich auf das Wesentliche. Alles andere verwässert nur deine Botschaft. Zudem “klaust” du deinem Publikum dann nicht mehr Zeit als nötig.
6. Was kann deine Figur gut? Womit fühlt sie sich wohl? Konfrontiere sie mit dem Gegenteil. Fordere sie heraus. Wie geht sie damit um?
Auch das kannst für die Entwicklung deiner Heldenreise (s. Punkt 4) nutzen. Was passiert mit deiner Figur, wenn Probleme aufkommen? Wie kannst du bei der Problemlösung helfen? Und schließlich als Mentor daraus hervorgehen.
7. Entwickle das Ende vor dem Mittelteil. Das ist wichtig, denn der Schluss muss sitzen. Und das ist gar nicht so leicht.
Wo soll deine Story hinführen? Welche Botschaft soll deine Zielgruppe im Kopf behalten? Das Ende entscheidet darüber. Es ist sozusagen deine Kür, die darüber bestimmt, welche Handlung deine Zielgruppe schließlich ausführt.
Stell dir z. B. einen Werbespot mit einer witzigen Auflösung vor. Damit die Pointe ihre volle Wirkung entfalten kann, muss sie in der Story zuvor gezielt vorbereitet werden. Oder denke dabei an die User Journey auf deiner Webseite. Was sollen die Nutzer am Ende tun? Und wie bringst du sie dazu? Wenn dieser Part steht, dann weißt du auch, wie du den Weg dahin ebnen kannst.
8. Schreib deine Story zu Ende. Lass sie los, auch wenn sie nicht perfekt ist. Lerne daraus und mach es das nächste Mal besser!
Dieser Tipp gilt nicht nur für dein Storytelling. Er lässt sich auf viele Bereiche übertragen. Als Unternehmer/in wirst du ihn nur zu gut kennen. Lass deine Ideen nicht an deinem Drang zur Perfektion scheitern. Für deinen Content heißt es genau dasselbe: Finde ein Ende und “verkünstel” dich nicht. Sonst wirst du zu viel Zeit investieren, bevor du überhaupt einen ersten Output hast. Oder noch schlimmer: Du wirst nie etwas veröffentlichen.
9. Du kommst nicht weiter? Mach eine Liste mit Szenarien, wie es nicht weitergehen soll. Das hilft, die Blockade zu lösen und neue Ideen zu entwickeln.
Was willst du deiner Zielgruppe nicht vermitteln? Welches Image, oder welche Botschaft möchtest du nicht transportieren? Für welche Werte stehst du nicht? Mit Hilfe dieser Fragen kannst du in einem Ausschlussverfahren eingrenzen, was am Ende auf der positiven Seite stehen soll. So kannst du neue Impulse für deine Botschaft, deine Themen und deine Story finden.
10. Analysiere Storylines, die du magst. Finde heraus und verstehe, was genau dir daran gefällt. Dann erst solltest du es verwenden.
Nicht nur für Autoren ein wertvoller Tipp. Auch im Marketing und dem damit verbundenen Storytelling wichtig: Schau dich nach Kampagnen, Webseiten, Marken Stories, etc. um. Dabei musst du dich keinesfalls auf deine Branche beschränken. Suche dir daraus z. B. deine drei Favoriten aus und analysiere, was das Besondere an ihnen ist. Warum gefallen dir genau diese Beispiele so gut? Erst wenn du sie “durchschaut” hast, kannst du diese Elemente adaptieren und für deine Story, deine Webseite, etc. einsetzen.
11. Schreibe deine Story auf. Auch wenn es erstmal nur Skizzen sind. Sonst kannst du deine Ideen mit niemandem teilen. Auch wenn sie noch nicht perfekt sind.
Diese Regel ähnelt im Grunde genommen dem Punkt Nummer acht. Wobei es hier mehr um den Anfang als um das Ende geht. Wichtig ist, dass du erstmal startest. Lass dich nicht von vermeintlichen Lücken, oder Makeln abschrecken. Bringe deine Story, dein Projekt, deine Strategie erstmal in die Welt. Jetzt kannst du dich darüber austauschen, Feedback bekommen, es weiterentwickeln.
12. Streiche das erste, was dir in den Sinn kommt. Und auch die drei oder vier nachfolgenden Ideen. Geh dem offensichtlichen aus dem Weg. Überrasche dich selbst.
Warum? Ganz einfach: Was du bereits kennst, kennt mit hoher Wahrscheinlichkeit auch deine Zielgruppe schon. Grabe noch ein bisschen tiefer. Fordere deine Kreativität heraus. Welcher Content würde dich selbst begeistern, wenn du deine Zielgruppe wärst?
13. Gib deiner Figur eine Meinung. Biegsame und passive Figuren mögen es dir beim Schreiben leicht machen, sind aber unattraktiv für das Publikum.
Wie im echten Leben auch: Nur wer eine Meinung hat und vertritt, kann zum Vorbild werden. Auch wenn es nicht jedem gefällt und polarisiert, genau das weckt Emotionen bei deinem Gegenüber. Das stärkt die Verbindung zu deiner Zielgruppe.
14. Warum willst du genau diese Geschichte erzählen? Welche Überzeugung, oder Vision ist es, die deine Story beeinflusst? Sie ist das Herzstück.
Als Unternehmer/in hast du eine Mission. Was treibt dich dazu an? In deiner Motivation findest du auch den Kern für deine Kommunikation.
Tipp: In unserem Beitrag “Storytelling & Pitch: Was wir von Star-ups lernen können” stellen wir dazu zwei spannende Ansätze von Andy Raskin und Simon Sinek vor.
15. Was würdest du anstelle deiner Figuren tun und fühlen? Versetze dich in sie hinein. Eine ehrliche Antwort macht die Story glaubwürdig.
Glaubwürdigkeit ist in der Unternehmenskommunikation ein extrem wichtiger Punkt. In jeder Situation, auf jedem Kanal und in jedem Format in dem du Content veröffentlichst gilt deshalb: Bleib dir treu! Sei authentisch! Nur so kannst du deine Zielgruppe langfristig überzeugen und eine ehrliche Beziehung aufbauen.
16. Was steht auf dem Spiel? Gib deinem Publikum Gründe, mit der Figur mit zu fiebern. Was passiert, wenn sie etwas nicht erreicht? Baue Hürden ein.
Denk an deine Ziele und Visionen für dein Unternehmen. Wo soll es hingehen? Nimm deine Community mit auf diese Reise. Auch wenn etwas mal nicht klappt. Oder besser gesagt: Gerade wenn etwas mal nicht klappt. Das ist menschlich und Teil der Entwicklung. Das macht deine Marke sympathisch und es lädt dazu ein, mitzufühlen.
17. Deine Arbeit ist nie umsonst. Wenn etwas nicht klappt, beiß dich nicht fest und mach erstmal an einem anderen Punkt weiter. Früher oder später kommt die Gelegenheit, um diese Ideen wieder aufzugreifen.
Manchmal läuft man einfach in eine Sackgasse. Dann steckt man an einem Punkt fest, obwohl man zuvor vielleicht schon so weit gekommen ist. Zum Beispiel, wenn ein fertiger Content plötzlich doch nicht mehr in den Kontext passt. Aber wie bei Ideen für eine Story auch, müssen sie nicht gleich ganz über Bord geworfen werden. An anderer Stelle kommen sie vielleicht doch noch zum Einsatz, oder haben zumindest für ein Learning gesorgt.
18. Du musst dich selbst gut kennen und den Unterschied zwischen “alles geben” und “pingelig sein” verstehen. Beim Geschichten schreiben geht es ums Ausprobieren, nicht ums Verfeinern.
Wie schon in Punkt Nummer acht genannt, geht es beim Entwickeln deiner Story und deiner Inhalte nicht um Perfektion. Das will auch dieser Tipp sagen. Gib dein Bestes, aber werde nicht zum “Erbsenzähler”.
Einige Social Media Formate bieten wunderbare Möglichkeiten, um neue Ideen auszuprobieren und schnell Feedback zu bekommen. Sei es das A/B-Testen für Kampagnen, Umfragen in Storys, etc. Fange also am besten schon in einem frühen Stadium an, die Community einzubeziehen und nutze das Potenzial.
19. Zufälle, die deine Figur in Schwierigkeiten bringen, sind großartig. Zufälle, die sie retten, sind Schummelei.
Stell dir vor, du hörst die Geschichte eines erfolgreichen Unternehmens. Es ist eine beeindruckende Story vom Weg zum Erfolg. Doch die wichtigen Milestones hat es rein durch glückliche Umstände und Zufälle erreicht. Würdest du dieser Erzählung trauen? Würdest du das Unternehmen sympathisch finden? Oder hättest du vielleicht das Gefühl, es ist nicht authentisch?
Was du in jedem Fall aus diesem Tipp mitnehmen kannst: Menschen mögen ehrliche Geschichten und dazu gehören nunmal Höhen und Tiefen. Doch prahlst du nur mit glücklichen Zufällen, kann das Neid oder Misstrauen hervorrufen.
20. Nimm Elemente aus einem Film, den du nicht leiden kannst. Wie würdest du sie so anordnen, dass du den Film doch magst?
In Punkt Nummer 10 ging es darum, Geschichten zu Analysieren, die dir gefallen. Mache jetzt also das Gegenteil. Schau dich nach Kampagnen, Imagefilmen, etc. um, die du nicht magst. Wie würdest du sie optimieren?
Das ist eine gute Übung, um festzustellen, was und wie man nicht kommunizieren möchte. Du erkennst, was du vermeiden willst und wirst dir so gleichzeitig bewusst, wie du es für dich besser machen kannst.
21. Identifiziere dich mit deinen Szenen und den Figuren. Du darfst nicht cool bleiben. Was würde dich dazu bringen, so zu handeln?
Manchmal muss man als Unternehmen Entscheidungen treffen, die nicht auf den erste Blick nachvollziehbar sind, oder es stehen einfach Veränderungen an. Sicher wird nicht jeder immer alles gut finden, was du machst. Und deine Zielgruppe muss auch nicht immer alles zu 100 Prozent gut finden, was du machst. Wichtig ist dabei nur, dass sie es verstehen können: Erkläre also, warum du tust, was du tust. Sei ehrlich und transparent. Zeige Emotionen.
22. Was ist der Kern deiner Story? Wie kannst du sie möglichst ökonomisch erzählen? Wenn du das weißt, kannst du dort ansetzen.
Du bist dir bereits im Klaren darüber, was dein USP ist und wie du ihn so kurz wie möglich auf den Punkt bringen kannst. Nutze dieses Wissen, um es als Ausgangspunkt für deinen Content und deine Story zu nutzen.
Fazit
Das war ganz schön viel Input! Sicher wirst du in deinem Storytelling-Prozess nicht immer alle Regeln im Kopf haben. Doch wenn du sie immer wieder anwendest und die für dich wichtigsten Punkte herausfilterst, kannst du deine Unternehmenskommunikation für dich und deine Zielgruppe immer weiter optimieren und zunehmend spannend gestalten.
Zum Schluss noch ein kurzer Bonus Tipp:
Was macht eine gute Story aus? In diesem Interview gibt Emma Coats eine kurze Zusammenfassung auf diese “Eine-Million-Dollar-Frage”
Nutze auch unser StoryUp-Canvas um deinen Elevator-Pitch zu entwickeln (hier zum Download):
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Letzte Aktualisiserung: 12.02.2024